Es war einmal in den alten Tagen, als Meyrin noch ein kleines, verschlafenes Dorf war, umgeben von dichten Wäldern und mysteriösen Mooren. Die Dorfbewohner lebten in Frieden, doch es gab einen Ort, den sie mieden: den dunklen Wald am Rande des Dorfes. Dieser Wald war bekannt als der Verfluchte Wald von Meyrin.
Die Geschichte erzählt, dass vor vielen Jahrhunderten eine mächtige Hexe namens Seraphina in diesen Wäldern lebte. Seraphina war bekannt für ihre Weisheit und ihre magischen Kräfte, und die Dorfbewohner suchten oft ihren Rat. Doch eines Tages, als eine schwere Dürre das Land heimsuchte, beschuldigten die Dorfbewohner Seraphina, die Dürre durch ihre Magie verursacht zu haben. In ihrer Angst und Verzweiflung beschlossen sie, die Hexe zu verbannen.
Seraphina, tief verletzt und enttäuscht von der Undankbarkeit der Menschen, sprach einen Fluch über den Wald, bevor sie verschwand. „Möge dieser Wald niemals Frieden finden, und möge jeder, der ihn betritt, von seinem eigenen Schatten verfolgt werden“, rief sie, bevor sie in einer Wolke aus Rauch und Funken verschwand.
Seit diesem Tag wagte sich niemand mehr in den Wald. Die Bäume schienen zu flüstern, und seltsame Schatten bewegten sich zwischen den Stämmen. Die Tiere, die einst den Wald bevölkerten, verschwanden, und eine unheimliche Stille legte sich über das Gebiet.
Jahre vergingen, und die Geschichte der verfluchten Hexe geriet langsam in Vergessenheit. Doch der Wald blieb ein Ort des Schreckens, und die Dorfbewohner erzählten sich von seltsamen Lichtern und geisterhaften Erscheinungen, die im Dunkeln lauerten.
Eines Tages, viele Generationen später, beschloss ein junger Mann namens Lucien, das Geheimnis des Waldes zu lüften. Lucien war ein neugieriger und mutiger junger Mann, der die alten Geschichten nicht glaubte. Er war überzeugt, dass der Fluch nur eine Legende war, um die Kinder des Dorfes davon abzuhalten, sich zu weit von zu Hause zu entfernen.
Mit einer Fackel in der Hand und einem festen Entschluss im Herzen betrat Lucien den Wald. Die Bäume schienen sich vor ihm zu verneigen, und die Schatten tanzten um ihn herum, doch er ließ sich nicht beirren. Er ging tiefer und tiefer in den Wald, bis er schließlich auf eine Lichtung stieß.
In der Mitte der Lichtung stand eine alte, verfallene Hütte. Lucien erkannte sofort, dass dies die Hütte der Hexe Seraphina sein musste. Er trat vorsichtig näher und öffnete die knarrende Tür. Drinnen fand er alte Bücher, Fläschchen mit unbekannten Substanzen und einen großen Kessel. Doch das, was seine Aufmerksamkeit am meisten fesselte, war ein altes, verstaubtes Tagebuch.
Lucien blätterte vorsichtig durch die Seiten und las die letzten Einträge der Hexe. Zu seiner Überraschung fand er heraus, dass Seraphina die Dürre nicht verursacht hatte. Im Gegenteil, sie hatte verzweifelt versucht, einen Zauber zu finden, um die Dorfbewohner zu retten. Doch ihre Bemühungen waren vergeblich, und die Dorfbewohner hatten sie ungerecht beschuldigt.
Mit einem schweren Herzen beschloss Lucien, den Fluch zu brechen. Er erinnerte sich an die Worte, die seine Großmutter ihm einst erzählt hatte: „Nur wahre Reue und ein reines Herz können einen Fluch brechen.“ Lucien kniete nieder und sprach ein Gebet der Vergebung und Reue aus. Er bat Seraphina um Verzeihung im Namen seiner Vorfahren und versprach, die Wahrheit über ihre Unschuld zu verbreiten.
Plötzlich begann die Hütte zu leuchten, und ein sanfter Wind wehte durch den Wald. Die Schatten zogen sich zurück, und die Bäume schienen wieder zu atmen. Lucien wusste, dass der Fluch gebrochen war. Er kehrte ins Dorf zurück und erzählte den Dorfbewohnern von seiner Entdeckung. Die Menschen waren erstaunt und beschämt, doch sie dankten Lucien für seinen Mut und seine Entschlossenheit.
Von diesem Tag an war der Wald von Meyrin kein verfluchter Ort mehr. Die Tiere kehrten zurück, und die Dorfbewohner wagten sich wieder in die einst gefürchteten Bäume. Und so wurde die Geschichte von Seraphina und dem mutigen Lucien zu einer Legende, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde, als Mahnung an die Menschen, vorschnelle Urteile zu vermeiden und stets die Wahrheit zu suchen.