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Die Legende des Verfluchten Mühlsteins von Neftenbach

In den sanften Hügeln rund um Neftenbach, einem malerischen Dorf in der Nähe von Winterthur im Kanton Zürich, rankt sich eine alte Sage um einen verfluchten Mühlstein. Diese Geschichte hat Generationen von Dorfbewohnern in ihren Bann gezogen und wird noch heute an langen Winterabenden am Kaminfeuer erzählt.

Vor vielen Jahrhunderten, als Neftenbach noch ein kleines Bauerndorf war, lebte dort ein Müller namens Hans. Hans war bekannt für seine harte Arbeit und seine Ehrlichkeit. Seine Mühle war die Lebensader des Dorfes, und die Dorfbewohner brachten ihm ihr Korn, um es zu Mehl mahlen zu lassen. Doch trotz seiner Anstrengungen war Hans oft von Pech verfolgt. Seine Mühle brach regelmäßig zusammen, und die Mühlsteine zerbrachen immer wieder.

Eines Tages, als Hans wieder einmal verzweifelt nach einem neuen Mühlstein suchte, begegnete ihm ein Fremder. Der Mann war in einen schwarzen Umhang gehüllt und hatte ein unheimliches Leuchten in den Augen. Er bot Hans einen Mühlstein an, der, so behauptete er, niemals brechen würde und das feinste Mehl mahlen könnte, das man sich vorstellen kann. Der einzige Preis, den der Fremde verlangte, war ein kleines Stück Land am Rande des Dorfes.

Hans, der keine andere Wahl sah und dringend einen neuen Mühlstein benötigte, willigte ein. Der Fremde übergab ihm den Mühlstein und verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Hans brachte den Mühlstein zur Mühle und installierte ihn. Tatsächlich mahlte der Stein das Korn so fein wie niemals zuvor, und die Mühle lief reibungslos.

Doch bald darauf begannen seltsame Dinge zu geschehen. Dorfbewohner berichteten von unheimlichen Geräuschen, die aus der Mühle kamen, und einige behaupteten, den Schatten eines Mannes in einem schwarzen Umhang gesehen zu haben. Die Tiere im Dorf wurden unruhig, und die Ernten begannen zu misslingen. Hans selbst wurde immer schwächer und kränker, und niemand konnte erklären, warum.

Eines Nachts, als ein schweres Gewitter über Neftenbach tobte, hörte Hans ein lautes Poltern aus der Mühle. Trotz seiner Schwäche schleppte er sich dorthin, um nachzusehen. Als er die Mühle betrat, sah er den Mühlstein in hellem Licht erstrahlen, und in der Mitte des Steins erschien das Gesicht des Fremden. Der Fremde lachte höhnisch und sprach mit donnernder Stimme: “Du hast einen hohen Preis für diesen Stein bezahlt, Müller. Dein Land und dein Leben gehören nun mir!”

Mit einem letzten Aufschrei brach Hans zusammen und starb. Am nächsten Morgen fanden die Dorfbewohner seinen leblosen Körper in der Mühle. Der Mühlstein war verschwunden, und an seiner Stelle lag nur ein Haufen Asche. Die Dorfbewohner, erschüttert und voller Angst, beschlossen, die Mühle niederzureißen und das Land, das Hans dem Fremden überlassen hatte, zu meiden.

Seit jener Zeit wird das Stück Land am Rande von Neftenbach gemieden und als verflucht betrachtet. Die Dorfbewohner erzählen sich, dass an stürmischen Nächten immer noch das höhnische Lachen des Fremden zu hören sei und dass der Geist des Müllers Hans ruhelos umherwandert, auf der Suche nach Erlösung.

Die Sage vom verfluchten Mühlstein ist eine Mahnung an die Dorfbewohner, vorsichtig zu sein, wem sie vertrauen und welche Geschäfte sie eingehen. Sie erinnert daran, dass nicht alles, was glänzt, auch Gold ist, und dass manche Preise zu hoch sind, um sie zu zahlen. So lebt die Geschichte weiter, von Generation zu Generation, und hält die Erinnerung an den unglücklichen Müller Hans und seinen verhängnisvollen Handel wach.