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Die Legende der Flüsternden Felsen von Unterlangenegg

Im Herzen des Berner Oberlands, unweit der Stadt Thun, liegt das beschauliche Dorf Unterlangenegg. Umgeben von üppigen Wäldern und sanften Hügeln, birgt dieser Ort eine uralte Sage, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Die Geschichte erzählt von den Flüsternden Felsen, die tief im Wald verborgen liegen und ein Geheimnis hüten, das nur wenigen bekannt ist.

Vor langer Zeit, als die Welt noch jung war und die Menschen in Harmonie mit der Natur lebten, gab es in Unterlangenegg einen Hirtenjungen namens Jakob. Jakob war ein neugieriger und abenteuerlustiger Junge, der seine Tage damit verbrachte, die Schafe seiner Familie auf den saftigen Wiesen zu hüten. Eines Tages, als die Sonne hoch am Himmel stand und die Luft von Vogelgesang erfüllt war, entschied sich Jakob, tiefer in den Wald vorzudringen, als er es je zuvor gewagt hatte.

Während er durch das dichte Unterholz streifte, entdeckte er eine Lichtung, die von hohen, moosbedeckten Felsen umgeben war. Die Felsen schienen in der Sonne zu glitzern, als wären sie mit einem geheimnisvollen Schleier überzogen. Fasziniert von ihrem Anblick, setzte sich Jakob auf einen der Felsen und schloss die Augen, um dem leisen Rauschen des Windes zu lauschen, der durch die Bäume strich.

Plötzlich vernahm er ein leises Flüstern, das aus den Tiefen der Felsen zu kommen schien. Neugierig beugte er sich vor und legte sein Ohr an die kühle, raue Oberfläche. Die Stimmen waren kaum mehr als ein Wispern, doch sie erzählten von längst vergangenen Zeiten, von Heldentaten und verlorenen Schätzen, von Liebe und Verrat. Jakob war wie gebannt und verbrachte Stunden damit, den Geschichten zu lauschen, die die Felsen ihm erzählten.

Als die Dämmerung hereinbrach und die Schatten länger wurden, machte sich Jakob auf den Heimweg. Doch die Flüsternden Felsen ließen ihn nicht los. Nacht für Nacht kehrte er zurück, um den alten Geschichten zu lauschen und die Geheimnisse der Vergangenheit zu ergründen. Er erzählte niemandem von seinem Fund, aus Angst, die Magie der Felsen zu verlieren.

Eines Abends, als der Vollmond die Lichtung in silbernes Licht tauchte, hörte Jakob eine neue Geschichte. Die Felsen erzählten von einem verborgenen Schatz, der tief im Inneren des Waldes vergraben lag. Ein Schatz, der nur von einem reinen Herzen gefunden werden konnte. Jakob wusste, dass dies seine Bestimmung war. Er beschloss, dem Ruf der Felsen zu folgen und den Schatz zu suchen.

Mit dem ersten Licht des Morgens machte er sich auf den Weg, geführt von den leisen Stimmen, die ihm den Weg wiesen. Tagelang wanderte er durch den dichten Wald, überquerten Bäche und erklommen Hügel, bis er schließlich an einen Ort gelangte, der ihm seltsam vertraut vorkam. Es war eine weitere Lichtung, umgeben von Felsen, die im Sonnenlicht funkelten.

Dort, in der Mitte der Lichtung, fand Jakob eine kleine Öffnung im Boden, die von den Felsen verborgen gehalten worden war. Ohne zu zögern, begann er zu graben, seine Hände durch die Erde wühlend, bis er auf etwas Hartes stieß. Es war eine alte, mit Moos bedeckte Truhe. Mit klopfendem Herzen öffnete er sie und fand darin nicht Gold oder Juwelen, sondern eine Sammlung alter Schriftrollen und Bücher, die von den Geschichten und Legenden der Region erzählten.

Jakob erkannte, dass dies der wahre Schatz war – das Wissen und die Weisheit der Vorfahren, die darauf warteten, entdeckt und bewahrt zu werden. Von diesem Tag an widmete er sein Leben der Bewahrung dieser Geschichten. Er schrieb sie nieder und erzählte sie den Menschen in seinem Dorf, damit sie nicht in Vergessenheit gerieten.

Die Flüsternden Felsen von Unterlangenegg wurden zu einem Ort der Inspiration und des Wissens, und Jakob wurde als Hüter der Geschichten bekannt. Noch heute, so heißt es, kann man in stillen Nächten das leise Flüstern der Felsen hören, die von den Abenteuern und Geheimnissen der Vergangenheit erzählen. Und wer ein reines Herz hat, dem offenbaren sie vielleicht auch ihre tiefsten Geheimnisse.